Kreuzbandriss beim Hund

Die häufigste Ursache einer Lahmheit an der Hinterhand des Hundes ist ein Problem im Knie. Hier ist es vor allem das vordere Kreuzband, welches Probleme macht. Ein akuter, kompletter Riss des vorderen Kreuzbandes ist leicht zu diagnostizieren: der Hund geht plötzlich hochgradig lahm, das Knie ist sehr schmerzhaft bei Berührung und Ober- und Unterschenkel lassen sich gegeneinander verschieben (vordere Schublade). Im Gegensatz zum Menschen haben Hunde aber nur selten akute, verletzungsbedingte Kreuzbandrisse. Überwiegend kann man hier einen schleichenden Verlauf beobachten. Die vorderen Kreuzbänder werden dabei teilweise über Jahre zunehmend instabiler und die Lahmheit wird immer deutlicher. Bei verschiedenen Rassen (z.B. Bulldogge, Golden Retriever, Labrador, Boxer) beginnen diese Probleme schon in den ersten 2-4 Lebensjahren. Diese „Kreuzbandanrisse“ oder auch als „Kreuzbandproblematik“ bezeichneten Fälle sind deutlich schwieriger zu diagnostizieren, da oft keine deutlich spürbare Instabilität vorhanden ist. Gute Hinweise liefert hier meist ein Röntgenbild: hier sieht man schon sehr früh die Entzündung im Gelenk, nach ein paar Monaten bilden sich starke Arthrose-Zeichen.

 

Abb.1: Boxer-Knie mit Kreuzbandproblematik - erste Arthrose-Anzeichen zu erkennen:

 

Bei vielen Hunden (>50%) sind beide Knie von dem Problem betroffen, es sollte also immer auch die Gegenseite mit geröntgt werden.

Ein wichtiger Aspekt beim Kreuzbandriss des Hundes ist der Zustand der Menisken. Ein Meniskus-Schaden ist beim Hund fast immer die Folge eines Kreuzband(an)risses des vorderen Kreuzbandes. Der Oberschenkel kann auf dem Unterschenkelkopf zu weit nach hinten gleiten und schädigt dabei meist das Hinterhorn des inneren Meniskus. Jede Therapie eines Kreuzbandrisses muss den Zustand der Menisken mitberücksichtigen, Schäden müssen mit behandelt werden, sonst wird der Hund nicht beschwerdefrei.

 

Therapie-Möglichkeiten:

Nur in Ausnahmefällen führt eine konservative Therapie beim Hund zum Erfolg. Bei sehr alten und leichten Tieren mit einem Kreuzbandanriss, kann man dies versuchen. In solchen Fällen ist neben einer Schmerztherapie eine physiotherapeutische Behandlung zu empfehlen.

In den meisten Fällen sollte ein vorderer Kreuzbandriss beim Hund chirurgisch versorgt werden, um das Fortschreiten von Arthrosen zu verlangsamen und Meniskus- und Knorpelschäden zu verhindern.

Es gibt mehr als 100 verschiedene Operationsmethoden, um einen Kreuzbandriss zu versorgen.

Die Tatsache, dass auch in den letzten Jahren ständig neue Methoden und neues Material entwickelt wird zeigt deutlich, dass es noch keinen „Goldstandard“ gibt. Vielmehr muss bei jedem Patienten eine individuelle Entscheidung getroffen werden, wie das Knie operiert wird, abhängig von Alter, Gewicht, Knochenform und Sportlichkeit des Hundes. Des Weiteren spielen aber auch individuelle Faktoren eine Rolle, wie z.B. Kosten, Heilungsdauer, Risiken der OP und Temperament des Hundes.

Eine eingehende Beratung und Besprechung der besten OP-Methode für ihren vierbeinigen Freund ist mir hier sehr wichtig!

 

Im Tieraerztehaus Neustadt kommen hauptsächlich folgende Operationsmethoden zum Einsatz:

 

  1. TTA-Rapid (Tibial Tuberosity Advancement):

Wir empfehlen die TTA-Rapid bei Anrissen oder kompletten Kreuzbandrissen mittlerer bis größerer, sportlicher Hunde, auch bei fortgeschrittener Arthrose.

Diese Technik ist eine Weiterentwicklung der herkömmlichen TTA. Der Unterschenkel Knochen wird dabei nur noch eingesägt, nicht wie bei der herkömmlichen TTA komplett durchtrennt. Durch eine Verlagerung des Ansatzpunktes der Patellarsehne, und damit des vorderen Oberschenkelmuskels, kommt es zu einer Entlastung des vorderen Kreuzbandes. Zur Fixation verwendet man einen neu entwickelten Titankäfig, dessen Oberflächenstruktur ein schnelles Einwachsen in das Knochengewebe fördert.

Abb.2: Plastik-Knochen, „frisch operiert“:

Gegenüber der TPLO schneidet man nicht die gesamte tragende Säule der Tibia durch, selbst der Schnitt an der Tuberositas tibiae ist nicht komplett durchtrennend (im Gegensatz zur herkömmlichen TTA).

Die Vorzüge der TTA-Rapid zeigen sich schon in den ersten Tagen: Die Hunde belasten das operierte Bein meist schon direkt nach der OP wieder und zeigen vergleichsweise wenig Schmerzen. Die normale Belastbarkeit ist nach 6-10 Wochen erreicht. Das Implantat muss nicht entfernt werden. Auch auf längere Sicht zeigt die TTA-Rapid sehr gute Ergebnisse und die Hunde laufen meist beschwerdefrei.

 

Abb.3: Boxer-Knie direkt nach TTA-Rapid OP:

Nachteile:

Im Vergleich zu den älteren Methoden wie Kapselfascienraffung oder extrakapsulären Fadenzügeln entstehen höhere Kosten, da die OP technisch anspruchsvoller ist und die Materialkosten durch die Titan-Implantate natürlich höher liegen.

Da die meisten Hunde das operierte Bein sofort wieder belasten, fällt das „ruhig halten“ oft schwerer. Eine strikte Leinenführung ist allerdings bei allen Methoden essentiell!

HIER finden Sie ein Beispielvideo zum Heilungsverlauf eines Kreuzbandrisses nach Versorgung durch TTA-Rapid.

 

  1. Kapselfaszienraffung nach Meutstege:

Diese Methode ist für kleine Hunde (<10kg) und Katzen zu empfehlen.

Bei dieser OP-Methode werden die Gelenkkapsel und das umliegende Bindegewebe durch eine spezielle Naht gerafft, um die Schubladenbewegung zu verringern.

Vorteile sind die relativ einfache Durchführung der OP ohne Knochendurchtrennung und die damit verbundene kürzere OP-Dauer. Insgesamt erhält man gute Langzeitergebnisse bei relativ niedrigen Kosten. Diese von uns seit vielen Jahren durchgeführte Technik erlaubt eine gute Heilung innerhalb von ca. 2 bis 3 Monaten.

Nachteile:

Als Nachteil muss erwähnt werden, dass gerade schwerere Hunde das operierte Bein erst deutlich später wieder belasten und dadurch eine verlängerte Rekonvaleszenz entsteht. Auch für Kreuzbandanrisse zeigt die Methode teilweise keine idealen Ergebnisse.

 

Nachbehandlung:

Nachdem Ihr Hund am Vormittag operiert wurde, können Sie ihn nachmittags wieder abholen. In den ersten Tagen nach der OP sind wir bei dringenden Problemen 24 h für sie erreichbar.

Das Wichtigste ist zunächst die Ruhighaltung des Tieres: nur an der Leine, kein Springen und Treppen möglichst vermeiden. Außerdem muss ein Belecken der Wunde unbedingt verhindert werden!! (Halskragen und/oder Beinkleider) Ihr Hund bekommt für die ersten Tage nach OP Entzündungshemmer und bei Bedarf Schmerzmittel. Zwei Tage danach erfolgt die erste Kontrolle. 10-12 Tage nach OP werden die Fäden gezogen.

Einen Trainingsplan für die ersten Wochen erhalten sie von uns. Ziel sind 3x 30 Minuten Gassi gehen nach ca. 6 Wochen.

 

Ihr Ansprechpartner im Tierärztehaus Neustadt für Fragen rund ums Kniegelenk ist Dr. Johannes Hofmann.